WELTKULTURERBE PARAGUAY
IM DETAIL



Jesuitenmissionen La Santisima Trinidad de Paraná und Jesús de Tavarangue

Welterbe Paraguay:
Jesuitenmissionen La Santisima Trinidad de Paraná und Jesús de Tavarangue
Die in Paraguay errichteten „Wehrdörfer“ legen ein lebendiges Zeugnis über die Missionsarbeit am Río de la Plata ab. Unter der Obhut wohlmeinender Jesuitenpatres entstanden planmäßig angelegte befestigte Siedlungen, in deren Mitte eine Kirche erbaut wurde. Den Patres, darunter auch einige aus Deutschland, stand zur Verwaltung der so genannten Reduktion ein Gemeinderat der indianischen Bevölkerung zur Seite. Mit Argusaugen wurde das Treiben in diesen Kommunen von der spanischen Kolonialbehörde betrachtet, die jederzeit das Recht hatte, die Reduktionen zu besuchen und in deren Verwaltung einzugreifen. Als Zeichen der Anerkennung des indigenen Oberhauptes wurde durch die Kolonialbehörde ein „Kapitänsstab“ übersandt.

Wie die Bildung von christlichen Wehrdörfern vonstatten ging und dass sie vom Wohlwollen des Vizekönigs in Lima abhängig war, kann man den Aufzeichnungen des Jesuitenmissionars Florian Paucke entnehmen: „Wan ein Missionarius durch die Wüsteneyen wilde Indianer zu sammen gesuchet, sie zu einen gemeinschaftlichen Leben bringen, und ihnen ein Dorf erbauen will, wird dieses gleich dem Bischof berichtet. ... Hernach machet der Bischof ein Ermahnungsschrift an den Gouverneur der Provinz, damit er erlaube an eine bequemen Orth ein Dorf bauen zu lassen.  … Wan der Orth bestimmet ist, so mus der Teniente mit Soldaten ausruken, den Orth in Augenschein nehmen, und bewilligen.”

Die planmäßig errichteten Niederlassungen gruppierten sich um die Kirche, die Schule und die öffentlichen Speicher herum. Von dem Vorplatz vor der Kirche ausgehend wurden die Wohnhäuser in Planquadraten erbaut.  Die Rolle der Missionare war beim Zusammenleben genau definiert, wie einer alten Reisebeschreibung zu entnehmen ist: „Der Seelsorger muss seyn der Koch, Dispensator, Procurator oder Einkauffer, Ausgeber, Krankenwärter, Leibartzt, Baumeister, Gärtner, Weber, Schmid, Mahler, Müller, Beck, Corregent, Schreiner, Haffner, Ziegelbrenner und was noch mehr Aempter seyn mögen ...” Hier zeigt sich deutlich die Rolle der Indianer als Mündel unter der Obhut der weißen Kirchenherren.

Erst 1840 erfolgte die endgültige Auflösung der wehrhaften Niederlassungen von Kirchenmännern und Indianern. Was wir heute sehen, sind nur noch die verwitterten Reste der einstigen Dorfgemeinschaften im Namen Jesu. Einsam ragt der von Stufen umsäumte Glockenturm  in La Santisima Trinidad de Paraná empor. Kaum vorzustellen ist, dass die Patres aus dem fernen Europa gemeinsam mit den Indianern Felder bestellten und die Ernte einbrachten, aber zuvor die Niederlassungen fern jeder Zivilisation im tiefen Süden des heutigen Paraguay erbauten. Dabei legten die Jesuiten Wert auf eine hohe Baukunst, betrachtet man den Zierrat der Gotteshäuser der Reduktionen. Allein 3000 Indianer waren beim Bau der Kirche von Jesús de Tavarangue beschäftigt. Wie viele von ihnen allerdings dauerhaft in der Reduktion lebten, ist nicht überliefert. Dass die geschützten Niederlassungen nach der Abreise der Patres verfielen, lag wohl auch mit daran, dass die Guaraní stets in Abhängigkeit gehalten wurden und ihnen die Siedlungen als Lebensformen eigentlich fremd geblieben sind.

Ferdinand Dupuis-Panther



 


Welterbe Paraguay im Detail:

Jesuitenmissionen La Santisima Trinidad de Paraná und Jesús de Tavarangue (K/1993)


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