WELTKULTURERBE GRIECHENLAND



Olympia

Ein Blick in die Geschichte ruft bisweilen Sehnsucht nach vergangenen Zeiten hervor, wo manches so vorbildlich geordnet zu sein schien. Ganz sicher trifft das auf einige Aspekte der Olympischen Spiele zu, deren Ursprung in der griechischen Welt des ersten vorchristlichen Jahrtausends liegt. Schon im 8. Jahrhundert v. Chr., jener Zeit, aus der die ersten gesicherten Überlieferungen anhand von Siegerlisten der Olympischen Spiele vorliegen, trafen sich in der fruchtbaren Landschaft des Peloponnes im heiligen Bezirk von Olympia Menschen aus der unmittelbaren Region zu gemeinsamen Wettkämpfen. Für die Dauer dieses Festes war im Land jegliche Waffenhandlung untersagt, Kriege wurden eigens dafür unterbrochen. Gemeinsame Zeremonien und friedliches Kräftemessen wurde praktiziert – wenn auch nur für wenige Tage. Doch schon allein diese Vorstellung ist einen Traum wert, verlängert in eine Gegenwart, in der sich die Tagesordnung kriegerischer Handlungen durch nichts mehr stören lässt.



Anknüpfend an alte kultische Traditionen des 1. und 2. Jahrtausends v. Chr. in dieser Gegend stand in Olympia anfangs der religiöse Charakter der Wettkämpfe noch im Vordergrund. Die zunächst eintägigen Wettkämpfe waren bestimmt von Götterverehrung, Opfern und Prozessionen, die den Rahmen für zunächst rein lokale Spiele abgaben. Im 5. Jahrhundert v. Chr. wurde die Dauer des Festes auf 5 Tage verlängert, die Teilnehmerschaft hatte sich auf die gesamte damalige griechische Welt ausgedehnt. Dem im 6. Jahrhundert noch mit Holzsäulen errichteten Hera-Tempel wurde in dieser Zeit ein Zeus-Tempel zur Seite gestellt. Dieses Zeus-Heiligtum entwickelte sich rasch zum Hauptheiligtum der griechischen Welt. Sein Inneres zierte ein Kultbild des berühmten Atheners Phidias, ein 12 Meter hohes Standbild des Göttervaters als thronender Weltenherrscher, ganz aus Gold und Elfenbein gearbeitet und mit vielfältiger Ornamentik geschmückt. Schon damals wurde es zu den ‚sieben Weltwundern‘ gezählt. Auch im folgenden 4. Jahrhundert erlebte Olympia eine rege Bautätigkeit, weitere Tempel und Wettkampfanlagen wurden errichtet. Die Spiele dauerten nunmehr nicht nur über mehrere Tage an, auch die veranstalteten Disziplinen nahmen an Zahl zu. Den alten Siegerlisten ist zu entnehmen, dass anfangs der Stadionlauf die einzige Wettkampfart war, später erweiterte sich der Kanon unter anderem um Langlauf, Fünfkampf, Ringkampf, Viergespannrennen, Waffenlauf und Pferderennen. So berichtet die Geschichtsschreibung, dass um 350 v. Chr. Philipp von Makedonien, Vater Alexanders des Großen, dreimal im Wagenrennen gewann. Die sich im Laufe der Zeit verändernde Bedeutung Olympias manifestiert sich in ihren Bauten. Die teilnehmenden Städte ließen Schatzhäuser errichten, in denen wertvolle Weihegeschenke aufbewahrt wurden, die aber sicherlich auch als Denkmäler und Zurschaustellung der eigenen Größe und Macht dienen sollten. Zunehmend verweltlichten die Spiele, was nicht zuletzt durch die räumliche Trennung von Kultstätten und Wettkampfanlagen zum Ausdruck kommt. Ein um 350 v. Chr. neu errichtetes Stadion bot über 40 000 Zuschauern Platz, Reiterstandbilder und Ehrendenkmäler sangen das hohe Lied der Sieger und Teilnehmer und traten neben die einst ausschließliche Götterverehrung. Mit dem Leonidaion entstand die damals vornehmste Herberge Griechenlands, zunehmend wurden auch Badeanlagen errichtet, vor allem später in römischer Zeit.

Mit dem Verbot der olympischen Spiele durch Kaiser Theodosius I. im Jahre 394 endete die weit über tausendjährige Geschichte der Olympischen Spiele des Altertums, eine Tradition, die erst 1896 mit den ersten Olympischen Spielen der Neuzeit in Athen wiederaufgenommen wurde. Der Traum von einer Unterbrechung der Kriege während der Olympischen Spiele harrt noch seiner Erfüllung, doch wie moderne Dopingskandale zeigen, scheint sich in einer ‚Disziplin‘ nicht viel verändert zu haben, denn schon in der Antike gab es eine Art ‚Athletengesetzbuch‘, das Strafen für diejenigen vorsah, die Regeln verletzten und zum Beispiel Gegner bestochen hatten.

Helmuth Weiss

 

 

 


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