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Delos

Die Insel Delos, in Sichtweite vor Mykonos, ist eine Welt für sich. Eine Welt der Stille und des völligen Eintauchens in eine nur schwer rekonstruierbare Vergangenheit. Trotz ihrer Länge von nur knapp 5 km und einer maximalen Breite von 1300 Metern firmierte dieses Eiland einst als Zentrum der Religion und des Handels im östlichen Mittelmeerraum. Geblieben ist heute ein riesiges Ausgrabungsfeld nebst Museum, 1990 von der UNESCO aufgrund seiner besonderen Bedeutung als Zentrum der Apollonverehrung in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen.

Um das riesige Trümmerfeld der unbewohnten Insel besser zu verstehen, sollte man sich zunächst etwas mit seiner Geschichte befassen.



Geschichte

Die frühesten Spuren der Besiedlung von Delos reichen bis ins 3. Jahrtausend v. Chr. zurück, Reste von Rundhäusern konnten auf dem Kynthos, dem höchsten Berg der Insel, ausgemacht werden. Mitte des 2. Jahrtausends waren es die Mykener, die die Insel besiedelt hatten, ihnen folgten die Ionier, die vom Festland kommend sich auf den Inseln niederließen. In dem berühmten Apollon-Hymnus des Homer wird Delos bereits als wichtiges religiöses Zentrum der Ionier erwähnt, hier stoßen wir auch auf die mythische Geschichte der Apollon-Verehrung. Demnach fand Leto, die ein Kind von Zeus erwartete und von der erbosten Hera, Gattin des Zeus, verfolgt wurde, Zuflucht auf Delos. Am Fuße des Berges Kynthos gebar sie Apollon unter einer Palme.

Doch nicht nur Pilger strömten auf die Insel, um Apollon die Ehre zu erweisen, mit ihnen entwickelte sich auch ein erstes reges Handelsleben. Aus dem 7. vorchristlichen Jahrhundert stammt der erste von insgesamt drei Apollontempeln, vor allem das reiche Naxos war damals bestrebt, die Vorherrschaft über dieses Heiligtum zu erlangen.

Nachdem die Griechen die Perserkriege siegreich beendet hatten, wurde 477 v. Chr. der Attisch-Delische Seebund gegründet, dessen Sitz Delos war. Hier wurde auch die gemeinsame Kasse des Bundes aufbewahrt. Erfolgreich versuchte Athen immer wieder, die Vorherrschaft über Delos zu erlangen. Bereits um 540 v. Chr. erfolgte auf ihren Druck hin die erste Reinigung – Katharsis – der Insel, wie sie von einem Orakelspruch verlangt worden war. Es war fortan verboten, Tote auf der Insel zu begraben, und die Gräber in der Umgebung des Apollontempels wurden zunächst an andere Stellen versetzt. 426 v. Chr. fand eine zweite Katharsis statt, mit der die Entfernung aller Gräber von der Insel und die Umbettung der Toten auf die Nachbarinsel Rheneia verbunden war. Außerdem war es von nun an verboten, auf der Insel Kinder zur Welt zu bringen.

Auf Delos fanden prächtige Feiern und Wettkämpfe mit Tänzen, Liedern und Faustkämpfen statt, die so genannten Delia, zu denen Teilnehmer aus der gesamten Ägäis und aus Kleinasien anreisten. Neue Apollontempel wurden errichtet, am Rande des Kultbezirkes entstanden prächtige Schatzhäuser griechischer Staaten, die wertvolle Weihegeschenke bargen.

Zwischen 314 und 166 v. Chr. erlebte Delos eine Phase relativer Unabhängigkeit, eine rasante wirtschaftliche Entwicklung setzte ein. Delos wird zu einem Hauptumschlagsplatz für Getreide und andere Handelswaren, Händler aus Italien, Syrien, Palästina und Phönizien lassen sich auf der Insel nieder. Auch unter der römischen Vorherrschaft setzte sich dieser wirtschaftliche Höhenflug zunächst fort. Zu Beginn des ersten Jahrhunderts v. Chr. lebten vermutlich 25 000 Einwohner auf der Insel. Delos war eine kosmopolitische Insel, die fremden Händler und Siedler brachten ihre Religionen und Kulte mit, so dass vor allem orientalische Kulte auf Delos zu hoher Blüte gelangten.

Nach der Eroberung und Zerstörung durch König Mithridates von Pontos konnte sich Delos nie mehr richtig erholen. Zwar gab es immer wieder bescheidene Siedlungen auf der Insel, doch waren sie nur mehr von lokaler Bedeutung. Hatte der griechische Dichter Pindar im 5. Jh. v. Chr. noch geschrieben: „Die Sterblichen nennen dich Delos, doch die olympischen Götter nennen dich weithin schimmernden Stern in der Erde Blau“, so traf der deutsche Reisende Ludwig Roß im Jahre 1835 auf eine „völlig wüste Insel, ein großes trauriges Trümmermeer“. Ein Ruinenfeld, dessen Erforschung bis heute nicht abgeschlossen ist.


Rundgang

Die Boote aus Mykonos bringen die Besucher an der Nordwestküste an Land, dort, wo sich schon der antike Hafen befand. Nach dem Kassenhäuschen gelangt man zu einem großen gepflasterten Platz, der Agora der Kompitaliasten. Sie waren ein Zusammenschluss von Freigelassenen und Sklaven, die die Laren, römischen Gottheiten, als ihre Schutzgötter ansahen. Doch auch andere Händler hatten sich hier niedergelassen und ihre Altäre errichtet. Reste solcher Altäre blieben erhalten, darunter in der Mitte ein marmorner Rundaltar und südlich davon ein rechteckiger Stufenaltar. Vorbei an einer halbrunden, marmornen Exedra – ein kleiner Raum, der mit seiner Ruhe-Bank auch ganz banalen Zwecken diente – erreicht man im Nordosten des Platzes eine antike Straße, die von zwei Gebäuderesten gesäumt wird. Sie ist 13 Meter breit und stellt den Weg zum Apollonheiligtum dar. Auf ihrer linken Seite erhob sich einst die Philipps-Stoa, nach ihrem Stifter, dem makedonischen König Philipp V. benannt und um 210 v. Chr. Apollon geweiht. 72 Meter ist das Gebäude lang und 11 Meter breit, sein von dorischen Säulen geprägtes Aussehen ist heute jedoch kaum noch nachvollziehbar. Auf der rechten Seite der heiligen Straße die Süd-Stoa, 66 Meter lang und 13 Meter breit, um die Mitte des 3. Jh. v. Chr. von den Königen von Pergamon errichtet. 28 dorische Säulen bildeten einst die Front, in den Räumen dahinter wurden vermutlich Handels- und Bankgeschäfte abgewickelt. Direkt östlich anschließend ein weiterer Handelsplatz, der als Agora der Delier bezeichnet wird. Säulengeschmückte Hallen umgaben ihn an drei Seiten, hier wurde Handel getrieben, in der Mitte des rechteckigen Platzes fand man Reste einer Badeanlage.

Im Apollonheiligtum

Über die heilige Straße kommt man nun zum Apollon-Heiligtum, ein trapezförmiges Gebiet mit den Ausmaßen 180 x 130 Meter, das vermutlich schon in mykenischer Zeit als kultisches Zentrum genutzt wurde. Drei marmorne Stufen markieren die Propyläen, den als Haupteingang genutzten Torbau mit seinen Resten von dorischen Säulen und einer Statue des Gottes Hermes. Vor uns liegen nun auf der rechten Seite die Gebäude des Hauptheiligtums, weitere Gebäudereste liegen zur Linken, darunter das Heiligtum der Artemis, Schwester von Apollon (Artemision). Unmittelbar an den Torbau anschließend stößt man rechts auf das Haus der Naxier, vermutlich im 6. Jh. v. Chr. von der Insel Naxos zu Ehren des Apollon aus weißem Marmor errichtet, heute sind nur noch die Grundmauern erhalten. Mit welchem Glanz Naxos damals seine große Bedeutung bezeugen wollte, davon erzählt ein 5 x 3,50 Meter großer Sockel an der Nordseite des Hauses, auf dem sich einst eine 9 Meter hohe marmorne Statue des Apollon erhob. Auf die Reste dieses so genannten Naxier-Kolosses werden wir auf dem weiteren Rundgang (westlich des Artemisions) noch stoßen. Stolz verkündet die Sockelinschrift: „Ich, Standbild und Sockel, bin aus demselben Marmor“.

Auf der rechten Seite schließen sich nun die Reste von drei Apollon-Tempeln an. Zunächst der Tempel der Delier, der größte und bedeutendste Tempel, dessen Errichtung 476 v.Chr. mit dem Beginn des Attisch-Delischen Bundes verbunden war. Direkt daneben der „Tempel der Athener“ aus dem 5. Jh. v. Chr. und der so genannte Poros-Tempel, der älteste und kleinste der drei aus dem 6. Jh. v. Chr., von den damals noch nicht so mächtigen Athenern erbaut.

Westlich des Torbaus erstreckte sich ein L-förmiges Gebäude, die Naxier-Stoa aus dem 6. Jh. v. Chr. Genau dort, wo die beiden Gebäudeflügel zusammentrafen, erhob sich einst eine Bronze-Palme, 417 von dem athenischen Feldherren Nikias errichtet. Noch in antiker Zeit soll sie von einem Sturm zu Boden geschleudert worden sein und dabei habe sie den Koloss von Naxos ebenfalls umgerissen. Reste dieser riesigen Statue von vierfacher Lebensgröße blieben nur wenige Schritte entfernt westlich des Artemisions erhalten. Dieses Heiligtum für die Schwester des Apollon markiert den Nordwesten des Apollonheiligtums und ist an seinen drei wieder aufgerichteten Säulen gut zu erkennen.

Östlich des Artemisions mit seinen Gebäuderesten aus verschiedenen Epochen schließen sich kreisförmig um die Apollon-Tempel Reste von fünf Gebäuden, die allgemein für Schatzhäuser gehalten werden, in denen die Weihegeschenke verschiedener Städte aufbewahrt wurden. Möglicherweise dienten sie jedoch auch als Unterkunft für die Pilger. Etwas südöstlich davon erstreckt sich ein in seiner Form ungewöhnliches Gebäude, bekannt als Halle der Stiere. Knapp 10 Meter breit und 67 Meter lang besteht die Vermutung, dass es einst ein Kriegsschiff als Geschenk barg.

Die Nordseite des Heiligtums wird von einem langgestreckten Gebäude begrenzt, einer 120 Meter langen und 10 Meter breiten Säulenhalle (Stoa), mit 47 Säulen an der Front damals sicherlich ein beeindruckendes Gebäude. Das Mitte des 3. Jh. v. Chr. von König Antigonos, Sohn des makedonischen Königs Demetrios dem Apollon geweihte Gebäude diente wohl keinen wirtschaftlichen, sondern eher religiösen Zwecken. Ungefähr in der Mitte vor der Stoa wurde eine mykenische Grabkammer entdeckt, in die ein Gang führt. Da man sie für heilig hielt, wurden sie auch während der Katharsis der Insel nicht entfernt. Auf der anderen Seite der Stoa, an der Nordostseite des Heiligtums, befindet sich der so genannte Minoa-Brunnen, ein im 6. Jh. v. Chr. über einer Quelle errichtetes Quellhaus, das in Stufen zum Wasser hinabführt. Eine das Dach tragende Granitsäule blieb noch erhalten.

Rund um den heiligen See

Am westlichen Ende der Stoa vorbei liegen linker Hand zahlreiche Gebäudereste, darunter die Reste des Dodekatheons, das Heiligtum der zwölf Götter, zu denen auch Leto zählte. Unmittelbar anschließend in westlicher Richtung ein rechteckiger Bau, als Hypostyl-Saal bezeichnet. 56 x34 Meter war das 208 v. Chr. fertiggestellte Gebäude groß, 9 Reihen von jeweils 5 Säulen trugen einst ein riesiges Dach. Seine Funktion ist bis heute ungeklärt, möglicherweise diente es dem Getreidehandel.

Unmittelbar nördlich des Dodekatheons die Überbleibsel eines beeindruckenden Granitbaus mit einer Fläche von 40 x 20 Metern. Der einst zweigeschossige Bau mit seinen zahlreichen Räumen stammt aus dem 2. Jh. v. Chr. und diente vermutlich als religiöser Versammlungsort. Auf der anderen Seite des Weges erstreckt sich das Letoon, ein der Leto geweihter Tempel. Unmittelbar dahinter der Marktplatz der Italiker, mit 68 x 48 Metern das einst größte Bauwerk auf Delos. Die ein Rechteck formenden, um 110 v. Chr. errichteten Gebäude, dienten unterschiedlichen Zwecken, Läden waren hier ebenso zu finden wie eine Badeanlage in der Nordostecke.

Am Letoon vorbei erreicht man das Wahrzeichen von Delos, die berühmten Marmorlöwen. Wie viele dieser stolzen Wächter des Heiligtums einst vorhanden waren ist unklar, bis zu 16 könnten es gewesen sein. Fünf von ihnen blieben vor Ort erhalten, auch wenn es sich hier draußen im Kopien handelt und die Originale im Museum zu bewundern sind. Die Löwen sitzen auf ihren Hinterpfoten und blicken gen Osten auf den Heiligen See direkt gegenüber. Hier lag dem Mythos nach die Geburtsstätte von Apollon, der See war im 19. Jh. aufgrund der Malariagefahr trockengelegt worden und füllt sich nur im Frühjahr wieder mit Wasser. Auch die Palme mitten im See stammt aus jener Zeit.

An vier wieder aufgestellten Säulen gut zu erkennen erhebt sich nordwestlich der Löwenterrasse das Haus der Poseidoniasten. Es war von Händlern und Kaufleuten aus Beirut errichtet worden, die neben anderen Göttern Poseidon verehrten. Weitere Häuser schließen sich in diesem Wohnviertel in nördlicher Richtung an, darunter das so genannte Hügel-Haus ganz im Westen auf dem Hügel gelegen, eines der am besten erhaltenen Häuser von Delos, dessen Wände einst mit farbigen Malereien verziert waren. Weiter nördlich ein Gebäudekomplex, der aufgrund der dort gefundenen Friese mit Darstellungen aus Komödien als Haus der Komödianten bezeichnet wird. Zu diesem Komplex zählt das Haus der Tritonen, dessen Mosaikfußboden ein fliegender Eros und ein Triton zierte, ein Zwitter, halb Mensch, halb Fisch (jetzt im Museum).

Unmittelbar nördlich des Sees schließen sich zwei so genannte Palästren an, sportliche Übungs- und Wettkampfstätten. Die See-Palästra wurde im 3. Jh. errichtet, die Granit-Palästra gleich daneben stammt aus dem 2. Jh. v. Chr.. Bei beiden umschließen die Räume der Athleten einen zentralen Hof mit einer Zisterne. Das See-Haus neben den Übungsstätten besticht noch heute durch seinen Brunnen, seine Säulen und ein Fußbodenmosaik mit geometrischen Verzierungen.

Aufgrund der beschränkten Zeit, die bei einem Besuch von Delos zur Verfügung steht, werden die meisten Besucher das in nordöstlicher Richtung gelegene Stadion, Reste weiterer Heiligtümer und Wohnviertel, nicht aufsuchen können. Wir gehen deshalb weiter am See entlang Richtung Süden bis wir linker Hand das Museum und die kleine Cafeteria erreichen.

Archäologisches Museum

Das Museum birgt Funde, die seit dem letzten Jahrhundert auf Delos gemacht wurden. Geht man vom Eingang geradeaus stößt man in den ersten beiden Sälen auf archaische Plastik aus Naxos und Paros. Gleich am Anfang rechter Hand Reste der mächtigen linken Hand des Kolosses von Naxos (A 4094), die eine gute Vorstellung von der Größe der Gesamtfigur ermöglichen. Viele der Skulpturen zeigen nackte junge Männer mit muskulösen Körpern, so genannte Kouroi, typisch für die früharchaische Kunst des 7. und 6. Jahrhunderts v. Chr. Beachtung verdient linker Hand eine große Sphinx ( A 583), die sich auf einem schönen ionischen Kapitell erhebt, ein Arbeit aus Paros aus der Mitte des 6. Jh. v. Chr.. Ihre Haltung entspricht der der berühmten Löwen von Delos. Der dritte Saal birgt neben weiteren Werken der archaischen Plastik auch Werke des 5. Jahrhunderts. Hier sticht vor allem eine gut erhaltene Gruppe (A 4287) hervor, die einst den Tempel der Athener zierte: Boreas, der Gott des Nordwindes entführt Oreithyia, eine junge Athenerin. Rechterhand des Saales, leider nur durch Gitter zu bewundern, werden die berühmten Löwen von Delos aufbewahrt.

Beispiele hellenistischer Kunst erwarten die Besucher in den folgenden drei Sälen. Ein Kopf des Hermes (A 6960), der im Bereich der Kompetaliasten-Agora gefunden wurde, stammt aus dem ausgehenden 5. Jahrhundert. Die imposante Figur des Poseidon (A 4120) wurde im Haus des Dionysos gefunden. Zahlreiche der hier ausgestellten Frauenstatuen stammen aus dem Theaterbezirk. Entschlossen präsentiert sich die Göttin Artemis (A 449), im Begriff, einen Hirsch zu töten. Auf der anderen Seit des Raumes mehrere Figuren, die mit Dionysos in Verbindung stehen. Darunter Schauspieler mit Pelzen und wollenen Mänteln (A 4122 und 4123), dazwischen Dionysos auf einem Thron (A 4121).

Von besonderem Reiz ist das an einer Wand angebrachte, riesige Bodenmosaik, das im mittleren Bereich Athena und Hermes zeigt, während die mittlere Figur nicht mehr zu identifizieren ist. Den hohen Stand der Mosaikkunst beweist der äußerst vielseitig gestaltete Rahmen mit Köpfen, Masken und zahlreichen dekorativen Elementen.

Großformatige Plastiken bestimmen den nächsten Saal, darunter die über 2 Meter hohe Statue des Gaius Ophelius Ferrus (A 4340) aus dem ausgehenden 2. Jahrhundert, die auf der Italiker-Agora gefunden wurde.

Statuen und Porträts delischer Bürger sowie Grabstelen bestimmen den folgenden Raum. Individuelle Gesichtszüge prägen die Köpfe, so bei der Statue A 4136 und A 4142 und bei der Büste A 7259. Zu den seltenen Fundstücken zählt ein gut erhaltenes Bronzeblechrelief (A 1719), das Artemis mit zwei Fackeln in den Händen zeigt.

Besonderes Interesse verdienen die Exponate des nächsten Raumes, gewähren sie doch einen Einblick in die Innengestaltung und Ausstattung der Häuser und somit in das Alltagsleben der Menschen. Man begegnet ganz gewöhnlichen Gebrauchsgegenständen wie einfachem Kochgeschirr, Werkzeug, Gewichten und Waagen, Bronzelampen und verziertem Keramikgeschirr, aber auch feinem Goldschmuck. Besonders eindrucksvoll die Mosaikreste und einfachen Wandmalereien, die Wagenrennen und Faustkämpfe, Musiker und kämpfende Männer zeigen und mythologische Themen aufnehmen, wie z.B. Ariadne auf Naxos und das Parisurteil. Die damalige Technik war meist Freskomalerei, d.h. die Malereien wurden auf den noch nassen Putz aufgetragen. Erst mit diesen Alltagsgegenständen kann die einstige Pracht der Ruinen von Delos besser nachvollzogen werden. Eine der Vitrinen birgt Gegenstände mit erotischen Symbolen, darunter viele Phallus-Darstellungen. Im letzten Raum rechts des Eingangs sind vor allem Funde aus den Frühphasen von Delos ausgestellt, darunter uralte Vorratsgefäße und reich verzierte Kannen und Teller.

Beim Verlassen des Museums sollte man im Eingangsbereich noch einen Blick auf das Modell des rekonstruierten Ausgrabungsgeländes werfen, das die Ruinenwelt in neuem Licht erscheinen lässt.

Das Theaterviertel

Auf dem Weg zurück zum Ausgangspunkt unseres Rundgangs, dem Platz der Kompitaliasten, passiert man das Heiligtum des Dionysos, das Stoibadeion. Die Reste zweier übergroßer Phalli auf Pfeilern sind nicht zu übersehen, sie erinnern augenscheinlich an den Dionysoskult. Den südlichen der beiden Pfeiler zieren Reliefdarstellungen, darunter ein Hahn mit Hals und Kopf in Phallusform.

An der Südostecke der Kompitaliasten-Agora führt eine Straße ins so genannte Theaterviertel, das einen Einblick in die Wohnarchitektur des 2. und 1. Jhs. v. Chr. liefert. Die meisten der Häuser waren damals um einen Innenhof herum angelegt, ohne Fenster zur Straße hin. Licht erhielten die Räume über den Innenhof, in dessen Zentrum oft ein Brunnen stand. Die meisten der Häuser waren einstöckig, einige auch zweistöckig, die Wände mit farbenfrohen Malereien bedeckt. Auf der linken Seite des Weges erhebt sich das Dionysos-Haus, sehenswert vor allem für sein berühmtes Fußbodenmosaik, ein sehr gutes Beispiel für die hellenistische Mosaikenkunst. Engelsgleich mit Flügeln ausgestattet reitet der Gott Dionysos auf einem Tiger, geschmückt von einem Kranz aus Weinblättern und Trauben. Ein so genanntes Kantharos, ein Weingefäß mit zwei Henkeln, liegt am Boden. Schräg gegenüber führt ein kleiner Stichweg zum Haus der Kleopatra und des Dioskurides, an den beiden Statuen der Eigentümer und seinen edlen weißen Säulen gut zu erkennen.

Etwas weiter auf dem Hauptweg folgt linker Hand das Haus des Dreizacks, das mit seiner teilweisen Rekonstruktion einen guten Eindruck von der Größe der damaligen Häuser vermittelt. Unter den gut erhaltenen Fußbodenmosaiken ein sich um einen Anker windender Delphin und ein mit Schleifen verzierter Dreizack, das namengebende Symbol des Hauses.

Wir erreichen schließlich das Theater aus dem 3. Jh. Traditionell kreisförmig angelegt umfasste sein unterer Teil 26 Sitzreihen, dem oben noch einmal 17 Sitzreihen folgten. Über 5000 Zuschauer konnte das Theater somit aufnehmen. Unterhalb des Theaters eine edel gestaltete Zisterne, mit der das Regenwasser gesammelt wurde. Gut sind noch die ihr Dach tragenden Bögen zu erkennen.

Am Theater vorbei geht es nun bergan, rechter Hand ein Gebäudekomplex, der möglicherweise als Herberge diente. Seine riesige Zisterne ist über 8 Meter tief, die größte auf Delos. Wir kommen zum Haus der Masken, das in mehreren Räumen sehenswerte Fußbodenmosaike birgt. Darunter erneut Dionysos auf dem Rücken eines Panthers, Maskendarstellungen aus Komödien des antiken Theaters, ein tanzender Silen, ein Mischwesen aus Mensch und Tier, Delphine, ein Vogel und eine Amphore mit einem Palmenzweig. Gleich daneben der Haus der Delphine, ein einst besonders reich ausgestattetes Haus. Ein faszinierender farbenfroher Mosaikfußboden bedeckt die Mitte des Hauses. Um ein Mittelfeld gruppieren sich reich mit geometrischen Mustern und Tierköpfen geschmückte konzentrische Kreise, in den Ecken reiten geflügelte Liebesgötter auf lebendig dargestellten Delphinen.


Rund um den Kynthos

Sollte Sie die Hitze nicht allzu sehr quälen, lohnt der Aufstieg auf den Hügel Kynthos in erster Linie aufgrund des herrlichen Ausblicks, den man von hier oben genießen kann. Auf dem Weg nach oben liegt rechter Hand die so genannte Höhle von Kynthos, ein Heiligtum des Herakles aus dem 3. Jh. v. Chr. Imposant die mächtigen Granitplatten, die das Dach des Heiligtums bilden. Die Heiligtümer auf dem Gipfel sind wenig spektakulär, hier oben wurden auch Rundhütten entdeckt, die aus dem 3. Jahrtausend v. Chr. stammen.

Hat man unten wieder die Treppe erreicht, öffnet sich rechter Hand ein etwas unübersichtliches Gelände, das allerdings wichtige Heiligtümer fremder Götter barg, die die Zuwanderer aus den verschiedensten Ländern mitgebracht hatten. Vorbei am Heraion, ein Tempel der Hera, Gattin des Zeus, stößt man auf ein bedeutendes Heiligtum ägyptischer Götter, das so genannte Sarapeion C . Am eindrucksvollsten die in Teilen wiedererrichtetet Fassade des Isis-Tempels mit zwei mächtigen Säulen und dem Kultbild der Isis. In einem weiter nördlich sich anschließenden Gebäudekomplex wurden syrische Gottheiten verehrt, Atargatis und Adados. Ein winziges Theater gehört zu diesem Heiligtum, das um 100 v. Chr. errichtet worden war. Einige Schritte bergab stößt man auf eine riesige Zisterne, mit einer Länge von 40 Metern und einer Breite von bis zu 10 Metern. 22 Marmortreppen führten zum Wasser hinab. Malerisch mit seinen vier wieder errichteten Säulen zeigt sich das Haus des Inopos, etwas weiter unterhalb das Haus mit der einen Säule, das seinen Namen von der einzigen Säule hat, die sich auf einem schlichten, geometrischen Mosaikfußboden erhebt.

Noch etwas weiter bergab passiert man das terrassenförmig angelegte Haus des Hermes, eine der imposantesten Hausanlagen auf Delos, die aus mindestens drei Stockwerken bestand. Vorbei an einem heute unscheinbar wirkenden kleinen Tempel der Aphrodite erreicht man wieder die Hauptstraße durch das Theaterviertel und damit den Weg zurück zum Hafen.

Helmuth Weiss

 

 

 


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