WELTKULTURERBE BULGARIEN


Das thrakische Grabmal von Kazanlak

 

„ Dessen Pferde sah ich als die schönsten und größten: Weißer als Schnee und im Laufen gleich den Winden. Und der Wagen ist ihm gut gearbeitet mit Gold und Silber. Und die Waffen golden, die ungeheuren, ein Wunder zu schauen, mit denen er kam: die ziemt es sich nicht für sterbliche Männer zu tragen, nein, nur für unsterbliche Götter!“

Diese euphorische Beschreibung eines thrakischen Heerführers aus Homers Ilias gehört zu den ersten schriftlichen Aufzeichnungen über das Volk der Thraker, von denen später Herodot behauptete, sie seien das größte aller Völker nach den Indern.

Unter den zahlreichen Grabungsfunden aus der thrakischen Epoche Bulgariens, die dieser schriftlosen Gesellschaft nur einen kleinen Teil ihrer Realität entreißen können, zählt das Grabmal von Kazanlak mit seinen gut erhaltenen Wandmalereien ohne Zweifel zu den anschaulichsten und damit beeindruckendsten. Die ursprünglich aus drei Räumen bestehende Grabanlage stammt aus dem ausgehenden 4. Jh. v. Chr., also aus der Blütezeit der thrakischen Stammesgesellschaft, die bereits im 2. Jahrtausend auf dem Gebiet des heutigen Bulgarien ansässig war. Im 6. Jh. v. Chr. war es gelungen, einen Teil der zersplitterten thrakischen Stämme unter Führung der Odrysen zu einem Staat zu vereinen. Lange währte dieser Zusammenschluss nicht, zu mächtig waren die makedonischen Nachbarn, die sich das Gebiet unter Philipp II. im Jahre 341 v. Chr. einverleibten.

So erlauben uns die Wandmalereien des Grabes einen sinnlichen Eindruck von einer hochentwickelten Kultur auf dem Zenit ihrer Geschichte. Als das Grab entdeckt wurde, war es längst ausgeraubt worden und nur wenige Gegenstände und Knochen waren erhalten geblieben. Die bienenkorbartige Grabanlage öffnet sich über einen ca. 5 m² großen Vorraum, von dessen Ausmalung leider nur wenig erhalten blieb und der möglicherweise Pferde und Wagen barg, die die Toten ins Jenseits begleiten sollten. Der sich daran anschließende knapp zwei Meter lange Gang ist auf beiden Seiten mit kriegerischen Szenen bemalt. Waffen, Helme und Rüstung weisen auf thrakische Krieger hin, wie sie in der historischen Literatur beschrieben wurden. Möglicherweise handelt es sich um Szenen aus dem Leben des verstorbenen Adligen. Warme Farben, unter den Ockertöne dominieren, bestimmen den Charakter der Malerei, die in Tempera- und Frescotechnik ausgeführt wurde. Den Farben beigemischte Quartzpartikel brachten die Wandmalerei zum Glänzen, was bis heute in Ansätzen erhalten blieb. Anders als bei zeitgenössischer hellenistischer Malerei lassen die dargestellten Soldaten jegliche Stereotypie vermissen, sie sind vielmehr lebendig und natürlich dargestellt.

An den Gang schließt sich die eigentliche kreisförmige Begräbniskammer an. Ihr Durchmesser misst kaum mehr als 2,60 Meter, doch anders als die beiden Vorräume erreicht sie eine stattliche Höhe von 3,20 Meter. Die Kuppel dieses Begräbnisraumes birgt den künstlerischen Höhepunkt dieser Anlage. Im Mittelpunkt des kreisförmig angelegten Deckengemäldes steht ein offensichtlich hochrangiges Paar – vielleicht sogar das Herrscherehepaar selbst - , das sich als Zeichen des Abschieds zärtlich die Hände reicht. Eine Prozession von Untergebenen mit zahlreichen Begräbnisgaben bewegt sich von beiden Seiten auf das Paar zu. Eine edel gekleidete Dame offeriert Früchte, ein Untergebener bringt einen Krug mit Wein, zwei Trompeter begleiten den Zug musikalisch. Der Herrscherin werden Schmuckkästchen und ein blauer Schleier mitgegeben. In beiden Prozessionshälften bilden Pferde den Abschluss, genau wie die Personen sind diese von den Thrakern so hochgeschätzten Tiere sehr realistisch und individuell ausgeführt.

Das Herrscherpaar sitzt auf mit Silber verzierten Holzthronen, ein letztes Mahl vor sich auf dem Tisch. Noch heute vermag die Szene stumme, feierliche Trauer auszudrücken, die nicht unberührt lässt. Abgesehen von einer realistischen Darstellung der Personen rührt dies nicht zuletzt von einer äußerst geschickten Farb- und Schattengestaltung her, bei der Rot- und Ockertöne im Vordergrund stehen. Lediglich ein wildes Wagenrennen im Inneren der Malerei vermag einen Kontrast zur feierlichen Atmosphäre der Abschiedsszene darzustellen, die von einer freudigen Jenseitserwartung wenig spüren lässt.





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