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Die Höhlenkirche von Ivanovo

Hoehlenkirche von Ivanovo

Foto: von Stoyan Chochkov (Eigenes Werk) [CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0) oder GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html)], via Wikimedia Commons

Dort, wo der Fluß Lom im Laufe von Millionen von Jahren ein breites und tiefes Bett in den weichen Kalksteinuntergrund grub, suchten schon in prähistorischer Zeit Menschen Zuflucht in den natürlichen Höhlen seines Steilufers. Im Mittelalter, genauer gesagt im 13. Jh. nutzten die ersten Eremiten diese natürlichen Behausungen als Wohnstätte, Kirche und abgelegenes Klosterrefugium. Der Eremit Yoakim, der seine Weihe in der Mönchsrepublik des Berges Athos empfangen hatte, gehörte zu den ersten, die diese natürlichen Höhlen erweiterten und eine Klosterkolonie ins Leben riefen. Hoch oben in den Felsen, vor ungebetenen ‚Besuchern‘ relativ sicher, wuchs die heilige Gemeinschaft rasch an, nicht zuletzt durch die finanzielle Unterstützung des bulgarischen Zaren und vieler Adliger. So konnten die zahlreichen Kirchen und Kapellen im Laufe des 13. Und 14. Jahrhunderts von großen Künstlern ausgemalt werden. Sie zeigen bis heute bulgarische mittelalterliche Malerei von hohem Niveau.

Viele der Wandmalereien sind heute zerstört oder befinden sich in einem äußerst gefährdeten Zustand. Die bedeutsamsten Malereien blieben in einer Höhlenkirche erhalten, die von den Einheimischen schlicht ‚Die Kirche‘ genannt wird. Sie besteht aus drei Teilen: Naos, Narthex und Kapelle. Die knapp 12 Meter lange Kirche wurde umsichtig aus dem Fels gehauen, alle drei Teile waren einst vollständig von Wandmalereien bedeckt. Geweiht war die Kirche der Muttergottes, wie ein Bild an der Nordwand des Narthex zeigt, auf dem Zar Ivan Alexander Maria die Kirche symbolisch übergibt. Das Gotteshaus diente in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts als Hauptkirche des Klosters, die dargestellten Szenen beinhalten all das, was die damalige Kirchentradition für erforderlich hielt. Die alten Kirchenväter waren der Auffassung, dass in einer Kirche den Gläubigen die Glaubensgrundsätze in verständlicher Form zu präsentieren seien. So illustrieren einige Szenen die wichtigsten kirchlichen Feste, man erkennt den Einzug nach Jerusalem, die Fußwaschung, das letzte Abendmahl.


Höhlenkirche von Ivanovo

Foto: von Hans A. Rosbach (Eigenes Werk) [CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

Jenseits des ‚Pflichtprogramms‘ eines damaligen Gotteshauses verrät die Auswahl weiterer dargestellter Personen sowie die Art der Ausmalung einiges vom Gedankengut der Künstler. Wie Analysen ergeben haben, müssen zumindest zwei Maler an der Ausschmückung beteiligt gewesen sein, die jedoch beide derselben ‚Malschule‘ folgten. Die häufige Darstellung und Bezugnahme auf bestimmte Heilige wie St. Theodosius und Hillarion machen so zum Beispiel deutlich, dass man hier bemüht war, die Mönchskultur Palästinas als ein Modell für die hiesige monastische Kultur zu präsentieren.

Den Künstlern der Kirche von Ivanovo – ihre Namen blieben nicht überliefert – ist es gelungen, trotz unebener Flächen ein Maß an Bewegung und Leben in ihren Bildern zu erzeugen, für das zu jener Zeit nur wenige Parallelen zu finden sind. Die vom Grundton her im hellem und warmem Ocker gehaltenen Gesichtszüge sind mit je eigener Individualität ausgestattet. Die Figuren zeigen eine eigene Gestik, selbst der Faltenwurf der Kleidung ist unterschiedliche, was in der Tat ungewöhnlich ist in mittelalterlicher Malerei.

Höhlenkirche von Ivanovo

Foto: von Hans A. Rosbach (Eigenes Werk) [CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

Dieser Versuch, jenseits der traditionellen Kanons Unterschiedlichkeit und Eigenständigkeit zu betonen, von Spannung, Emotionalität und Beweglichkeit gekennzeichnete Personen zu erschaffen, kann im 13. Jahrhundert in Wandmalereien der damaligen Hauptstadt Tarnovo und in der Kirche von Bojana beobachtet werden. Deshalb können die Künstler der sogenannten Malschule von Tarnovo zugerechnet werden, die in vielen Details von der vorherrschenden byzantinischen Malerei und dem Paläologenstil abweicht.

Von Interesse sind auch die architektonischen Details der Darstellung. So soll das Auftauchen von Gebäuden im Hintergrund der agierenden Figuren verdeutlichen, dass das dargestellte Ereignis in Wirklichkeit innerhalb des Gebäudes stattfindet. Auffallend auch die mehrmals auftauchenden menschlichen Körper, die als Atlanten die schwere Last eines Gebäudes tragen.

 





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