WELTKULTURERBE ALGERIEN




Im Maghreb, zu dem auch Algerien gehört, findet man nicht nur die nachhaltigen Spuren des Römischen Reiches, sondern mit der Bergfeste Beni Hammad eine typisch arabisch geprägte Stadtarchitektur. Ein Fenster in die Vorgeschichte ist der Nationalpark Tassili n'Ajjer mit seinen Felszeichnungen, von denen die frühsten auf das 7. Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung zurückgehen. Einmalig ist die Pentapolis des Tals von M'zab. Eine besondere urbane Struktur stellt schließlich die Kasbah von Algier dar, die Cineasten aus den Filmen „Schlacht um Algier“ (1957) und „Pépé le Moko – Im Dunkel von Algier“ kennen.

Bergfestung Beni Hammad

Al Qal'a Beni Hammad ist der arabische Name dieser Festung und Ruinenstadt. Neben der Großen Moschee sind die Ruinen des Emirpalastes auf einer Fläche von 250x160 Metern und Reste des Ksar el-Manar die architektonischen Highlights am Fuße der Hodna-Berge. Bei Beni Hammad handelt es sich um die erste Hauptstadt der Ziridendynastie, die zugleich das authentische Zeugnis einer befestigten moslemischen Stadt ist. Gegründet wurde sie 1007 durch den Vasallen der Fatimidenkalifen Beni Hammad. 1152 erfolgte die Zerstörung durch Truppen Abdallahs, des Gründers der almohadischen Dynastie. Das war auch gleichbedeutend mit dem Ende der Residenzstadt.

Minarett aus dem 11. Jh. in Beni Hammad

Minarett aus dem 11. Jh. in Beni Hammad
Foto: Michel-georges bernard (Eigenes Werk) [GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html) oder CC-BY-SA-3.0-2.5-2.0-1.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

Felsmalereien des Tassili n'Ajjer

In dem 80000 qkm großen Nationalpark legen mehr als 15000 Felszeichnungen und Felsritzungen auf Sandsteinfelsen Zeugnis von der reichen Fauna ab, die hier einst vorhanden gewesen sein muss. Flusspferde, Bubalus-Großrinder und Elefanten sind ebenso zu sehen wie Nashörner und Giraffen, Tiere also, die heute in der algerischen Sahara nicht mehr vorkommen.  Bei vorherrschendem Trockenklima gedeihen 28 landesspezifisch seltene Pflanzenarten wie die Rotblättrige Felsenfeige. Im so genannten Tal der Zypressen stößt man auf sehr selten gewordene Tamrit- Zypressen und zudem auf  die Sahara-Myrte.

Auf den Fels gemalte Antilope (Felsmalereien des Tassili n’Ajjer)

Auf den Fels gemalte Antilope
Foto: Fondazione Passaré [CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons


Zahlreiche Zugvögel machen im Nationalpark auf ihrem Weg Rast. Darunter sind Purpurreiher, Weißstorch und Nachtreiher. Die im Nationalpark zu beobachtende Dorkagazelle, die seit dem Altertum bekannt ist, ist ein typischer Trockensavannen- und Wüstenbewohner. Der ziegenähnliche, meist einzeln lebende Mähnenspringer muss sich vor dem Karakal hüten. Der oftmals wegen seiner Pinselohren als Wüstenluchs bezeichnete gelbrot bis grau gefärbte Karakal ist an die Wüste und Halbwüste bestens angepasst und unterwegs, um Mähnenspringer und kleine Echsen zu jagen.


Tal von M’Zab

Wer sich in den Südosten Algeriens begibt und einen Felsenring besteigt, wird in einem Kessel fünf bewohnte Städte erblicken. Es ist eine Oase in der Wüste der Sahara, eine Oase mit üppig bewachsenen Gärten. Bei dieser so genannten  Pentapolis handelt es sich um die Niederlassung strenggläubiger Muslime, die einst aus der Gegend von Ouargla hierher geflüchtet waren, da sie der Nachstellung durch nordafrikanische Berber entgehen wollten. Entstanden sind El Atteuf, Bou Noura, Ghardaïa, Beni Isguen und Melika als Idealstädte. Drei von ihnen – El Atteuf Bou, Noura und Ghardaïa wurden in der ersten Hälfte des 11. Jahrhundert gegründet,  Beni Isguen und Melika im 14. Jahrhundert.

Blick auf Beni Isguen im Tal von M'Zab

Blick auf Beni Isguen
Foto: Hurtado77 (Eigenes Werk) [GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html) oder CC-BY-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/3.0)], via Wikimedia Commons


Auf dem höchsten Punkt der jeweiligen von einer Stadtmauer umgebenen Siedlung wurde eine Moschee mit konisch geformtem Minarett erbaut, das auch als Wachturm diente. Von dort aus hat sich die Stadt in Ringen von innen nach außen entwickelt. Der Kubus ist der Grundtyp des Wohnhauses der Pentapolis. Auf der Straße Frauen zu sehen, ist die Ausnahme. Nur in Ghardaïa kann man ihnen begegnen  – von Kopf bis Fuß verschleiert und stets in männlicher Begleitung.


Römische Ruine von Timgad

Wie Leptis Magna, Sabratha und Kyrene in Libyen, Karthago, Kerkuan, das Amphitheater von El Djem und das antike Dougga in Tunesien sowie Volubilis in Marokko zählt das am Nordabhang des Aurès-Gebirges liegende Timgad neben dem gleichfalls in Algerien liegenden Tipasa und Djemila  zum römischen Erbe auf nordafrikanischem Boden. Alle diese Siedlungen belegen die einstige Ausdehnung des Römischen Reiches.

Das Forum von Timgad

Das Forum von Timgad
Foto: By Yelles (Own work) [GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html) or CC-BY-SA-3.0-2.5-2.0-1.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons


Bei Timgad handelt es sich um die auf Befehl Kaiser Trajans gegründete römische Colonia Marciana Trajana Thamugadi, die auf Schachbrettgrundriss mit einer ursprünglichen Ausdehnung von 367x325 Metern entstand. Sandverwehungen haben das urbane Gebilde der Römerzeit jahrhundertelang konserviert. Zu den wichtigsten Bauwerken gehören die Große und Kleine Nordtherme (80x60 m), die Bibliothek, der fälschlicherweise als Trajanbogen bezeichnete Triumphbogen (2. Jh.), die Basilika der Donatisten und das Haus des Hermaphroditen. Zu erwähnen sind zudem die 8x8,5 Meter großen Latrinen am Decumanus Maximus und die byzantinische Festung aus der Zeit Kaiser Justitians. Nachdem die Berber und Vandalen Timgad im 6. Jahrhundert nahezu dem Erdboden gleichgemacht hatten, dauerte es bis zum Jahr 1767, ehe der englische Reisende James Bruce den Ort für die Nachwelt entdeckte.


Ruinenstadt Tipasa

Tipasa ist ein ehemaliger phönizischer Handelsplatz und eine römische Colonia. Wie fast zu jeder römischen Niederlassung gehören ein kleines Theater und das Nymphäum mit Brunnen und Wasserspielen zum „Stadtinventar“. Des Weiteren stößt man beim Besuch auf ein römisches Amphitheater, die so genannte Villa der Fresken und den so genannten Neuen Tempel. Besonders auffallend ist das Mausoleum in Form eines Hügelgrabes. Bei diesem Bauwerk handelt es sich wahrscheinlich um das Familiengrab des numidischen Herrschers Juba II. Neben steinernen römischen Zeugnissen finden sich außerdem frühchristliche Spuren, war Tipasa doch im 1. und 2. Jahrhundert eine christliche Nekropole, ehe drei Jahrhunderte später die Vandalen die neuen Herren von Tipasa wurden.

Das römische Amphitheater von Tipasa

Das römische Amphitheater von Tipasa
Foto: Yelles (Eigenes Werk) [GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html) oder CC-BY-SA-3.0-2.5-2.0-1.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons


Römische Ruinen von Djemila

Auch Cuicul (Djémila) – einst eine römische Veteranensiedlung und Wachtposten am Verbindungsweg nach Karthago – ist Teil des römischen Nachlasses in Nordafrika. Die Blütezeit dieses römischen Vorpostens am Rande der Kleinen Kabylei hängt mit der Regentschaft von Septimus Severus und von Caracalla, eigentlich Imperator Caesar Mark Aurelius Antonius Augustus (211-217), zusammen. Zu den wichtigen Bauwerken gehören der Platz des Neuen Forums mit dem Triumphbogen des Caracalla, dem Tempel der Gens Septima und der säulengesäumte Cardo – dies ist eine nach Norden führende Hauptstraße.

Der Triumphbogen des Caracalla in Djemila

Der Triumphbogen des Caracalla
Foto: Paebi (Photo by Paebi) [GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html), CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/) oder CC-BY-SA-2.5-2.0-1.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5-2.0-1.0)], via Wikimedia Commons


Die urbane Architektur wird des Weiteren durch das Haus des Asinus Nika und das Alte Forum geprägt. Gewaltige Ausmaße hatten mit 2600 Quadratmetern die Großen Thermen. Zu den frühchristlichen Spuren gehören die dreischiffige Basilika und das überkuppelte Baptisterium aus dem 4. Jahrhundert.


Kasbah (Altstadt) von Algier


In der Kasbah von Algier

In der Kasbah von Algier
Foto: Jean-marie pirard (Eigenes Werk) [CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons


Le Corbusier schwärmte von ihr, Korsaren und Freiheitskämpfer nahmen sich ihrer an und Filmregisseuren diente sie als Kulisse. Längst hat aber auch an der stufenartig am Hang angelegten Altstadt der Zahn der Zeit genagt. In einem Gewirr von Gassen, in denen sich während des algerischen Unabhängigkeitskrieges Freiheitskämpfer und französische Kolonialsoldaten ein Katz-und-Maus-Spiel lieferten, verliert sich jeder Neuankömmling. Jahrzehnte nach der Unabhängigkeit Algeriens – sie erfolgte 1962 –  wählten Terroristen im Namen Allahs die Kasbah zu ihrem Schlupfwinkel. Zu den sehenswerten Bauwerken der Altstadt zählen u. a. die Safir-Moschee, die elfschiffige Al-Kebir-Moschee, die Jedid-Moschee (1660), die Ali-Bechine-Moschee (1622), die Grabmoschee des Sidi Abderrahmane und die Ketchaoua-Moschee (1209, 1839-1860 umgebaut zur Kirche).

Ferdinand Dupuis-Panther






FOTOS AUS ALGERIEN